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„Witajće k nam“ - ist Sorbisch und heißt „Herzlich Willkommen“. Mit diesem Gruß wurden die Gäste im Garten der sorbischsprachigen Kindertagesgruppe von Sabine Ziesch in der Dresdner Neustadt fröhlich begrüßt.

Herr Oschika bedankt sich bei Ersatztagesmutter Sandra Schmidtke

Von links: Eltern der Tageskinder; Ulrike Markmann, Fachberaterin der Stadt Dresden; Hagen Domaschke, Vorsitzender Stup dale; Astrid Jungmichel, Referentin IKS Sachsen; Sandra Schmidtke, Ersatztagesmutter; Andreas Oschika, Geschäftsführer Sorbischer Schulverein

Dass es dieses besondere Angebot gibt, ist dem Sorbischen Schulverein e.V. sowie dem Eltern- und Kulturverein Stup dale e.V. zu verdanken. Anfang des Jahres war der Fortbestand der Kindertagespflegestelle auf Grund des Rückzugs des bisherigen Anbieters stark gefährdet. Gleichzeitig gibt es in Dresden, wie in anderen Regionen auch, einen starken Rückgang der Kinderzahlen. Aber nur belegte Betreuungsplätze sichern das Angebot wirtschaftlich ab. So sprang der Sorbische Schulverein e.V. Sabine Ziesch zur Seite und übernahm die Trägerschaft der sorbisch-sprachigen Kindertagespflegestelle. Andreas Oschika, Geschäftsführer, berichtet über die herausfordernden Tage der Entscheidungsfindung und betont, wie sehr es auf die Haltung, Wertschätzung und das Finden von Lösungsmöglichkeiten durch die Verantwortlichen der Landeshauptstadt Dresden, ankam. Ebenso im Boot war in dieser entscheidenden Zeit der sorbische Eltern- und Kulturverein Stup dale e.V., der mit seiner Spendenaktion und Öffentlichkeitsarbeit wesentlich unterstützte und auch weiterhin engagiert bleibt. Ab Juni wird ein viertes Kind in die Betreuung kommen, im nächsten Jahr sind auch die anderen Plätze wieder belegt.

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Während die Erwachsenen sich austauschen, wuseln Nele und Theo durch den Garten, spielen und entdecken eine kleine Schnecke mit ihrem Häuschen. Aufgeregt rufen sie, um ihre Entdeckung zu zeigen. Während Nele mit ihren Eltern deutsch spricht, spricht Theo mit seinem Papa sorbisch. Als die Eltern gefragt wurden, warum sie sich für diesen besondere Angebot entschieden haben, lachen alle drei und meinen: „weil es toll ist und wir ein gutes Gefühl haben“. Theos Vater berichtet zudem von seinem Anliegen, dem Sohn die sorbische Sprache und Kultur auch hier in Dresden intensiv vermitteln zu können und wie dankbar er ist, dass die Stadt die Betreuung bei Frau Ziesch auch einige Monate über das 3. Lebensjahr hinaus bewilligt hat. Leider bietet die Kita, die Theo ab September besucht, keine sorbische Sprache an. Neles Eltern dagegen haben Fr. Ziesch empfohlen bekommen und waren nach dem Kennenlernen gleich überzeugt, die richtige Tagesmutter gefunden zu haben. Ihr Fokus lag eher auf den kleinen, behütenden Bedingungen, die die Kindertagespflege bietet. Der ausschließlich sorbischen Sprache im Betreuungsalltag standen sie zuerst skeptisch gegenüber. Die Sorge, ob dadurch gegebenenfalls die Sprachentwicklung in Neles Muttersprache Deutsch ungünstig beeinflusst werden würde, war unbegründet. Ganz im Gegenteil, wie Neles Mama berichtet, wurde auch von Außenstehenden Neles auffallend gute Sprachentwicklung anerkannt.

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Wie geht es der Ersatztagesmutter Sandra Schmidtke? Sie genießt ihren abwechslungsreichen Job, mag es mit den Kindern draußen zu sein und freut sie sich über kleine und große Entwicklungsschritte der Kinder. Besondere Kraft für ihre Tätigkeit zieht sie aus dem Gefühl, nicht allein, sondern sich wie in einem Team mit vier kooperierenden Kindertagespflegepersonen zu fühlen, mit denen sie in ihrer festen wöchentlichen Kontaktzeit zusammenarbeitet und die sie im Urlaubs- oder Krankheitsfall vertritt. Auch den guten Kontakt zu den Eltern der Kinder sowie die persönliche Ansprechbarkeit der Fachberaterin Frau Markmann, erlebt Frau Schmidtke als stärkend. Zur Kindertagespflege selbst ist sie wie sie sagt, erst durch ihr eigenes Kind gekommen. Durch das Erleben der Betreuung ihres Kindes bei der Tagesmutter konnte sie sich ein sehr gutes Bild von der Tätigkeit und den Herausforderungen machen. Den letzten Anstoß, sich näher mit dem Gedanken eines beruflichen Wechsels zu beschäftigen, war die Rückmeldung, „Mensch, das wäre doch voll was für dich.“ Beim lebendigen Erzählen glaubt man ihr sofort, als sie sagt, dass sie diesen Schritt noch keinen Tag bereut hat.

Zur Situation in der Stadt Dresden berichtet Ulrike Markmann, Fachberaterin für die Kindertagespflege, dass Dresden sich mit stark rückläufigen Kinderzahlen konfrontiert sieht und versucht, bei gleichzeitigem Rückgang des Angebotes an Kindertagespflegeplätzen dennoch den Wünschen der Eltern gerecht zu werden. Eine herausfordernde Aufgabe, insbesondere mit Blick auf die Bedarfsplanung. Die Kindertagespflege ist in Dresden ein gelingendes Vollerwerbsmodell mit fast 95%iger Ersatzbetreuungssicherheit. Davon profitieren die Kinder, die Eltern und auch die Kindertagespflegepersonen gleichermaßen. Ulrike Markmann selbst schätzt den oft langjährigen, sehr guten Kontakt mit den Tagesmüttern und Tagesvätern und weiß, dass auch kritische Themen vertrauensvoll besprochen werden können. Als ein Beispiel führt sie an, dass einerseits der in diesem Jahr erhöhte Steuerfreibetrag für die Betriebskosten sich positiv auf die Wirtschaftslage der Kindertagespflegepersonen auswirken kann, andererseits aber auch zu niedrigeren Rentenbeiträgen führt. Eine nicht ganz sorgenfreie Entwicklung mit Blick auf die perspektivisch schlechtere Altersabsicherung der Kindertagespflegepersonen.

Auch in der sorbischen Presse wurde über diesen Besuch und die Aktionswoche berichtet.

Text: Astrid Jungmichel; IKS

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